Definition Musiktherapie

Sowie sich der Begriff der „Musiktherapie“ aus den Wortbestandteilen Musik und Therapie zusammensetzt, so lässt sich seine Bedeutung schlussfolgernd mit einem Zusammenspiel musikalischer und therapeutischer Elemente beschreiben.
Musik (griech. mousikos = von den Musen) und Therapie (lat. = dienen, helfen, unterstützen) haben nicht erst im letzten Jahrhundert zueinander gefunden. Bereits vor Jahrtausenden wurde Musik eingesetzt, um für und mit dem Menschen zu wirken. Ihr Einsatz findet sich noch heute bei Naturvölkern Afrikas und in anderen Volksgruppen am Rande bzw. außerhalb der Zivilisation, oft in Verbindung mit einem ganzheitlichen Prozess aus religiösen Riten, körperlicher und seelischer Heilung sowie sozialem Gesellschaftsereignis. In der christlichen Tradition bewirkte bereits König Davids Zitherspiel Harmonie im Königshaus und unter seinem Volke.

Trotz ihrer uralten Geschichte hat die Musiktherapie das Klischee eines Mythos längst überwunden. Vor allem seit Mitte des 20. Jahrhunderts, nach dem 2. Weltkrieg, fand die Musiktherapie zunehmendes Interesse, was sich in der wachsenden Anzahl wissenschaftlicher Veröffentlichungen, der Schaffung von Ausbildungs- und Berufsstätten ausdrückt. Mithilfe aktueller Forschungsmethoden  wird versucht, dem Geheimnis der Wirkung von Musik auf den Grund zu gehen. Denn nur auf diese Weise kann ihr Einsatz gezielt und ein qualitativ hochwertiger therapeutischer Charakter gesichert werden.

Das Ziel der Musiktherapie liegt im Wesentlichen in der Wiederherstellung, Erhaltung und/oder Förderung seelischer, körperlicher und geistiger Gesundheit. Als praxisorientierte Wissenschaftsdisziplin steht sie so in enger Wechselwirkung zur Medizin, den Gesundheitswissenschaften, der Psychologie, Musikwissenschaft, Pädagogik u. a. Wissenschaftsfeldern.

Die Art und Weise der Gestaltung und Umsetzung musiktherapeutischer Angebote formt sich aufgrund der Existenz unterschiedlicher Ansätze und Methoden verschieden. Ihre Ursprünge finden sich in den aus der Psychologie entstammenden Menschenbildern, welchen tiefenpsychologische, verhaltenstherapeutisch-lerntheoretische, ganzheitlich-humanistische, anthroposophische u. a. Grundgedanken zugeordnet werden.
Ihrem Wesen nach können musiktherapeutische Konzepte als psychotherapeutisch, medizinisch, (heil)pädagogisch und/oder gemeindenah bezeichnet werden.
Gemeinsam haben all die vorhandenen Wege das Medium Musik: Musik als Mittel der Kommunikation und Begegnung auf einer Ebene, die sich zunächst nicht unbedingt mit Worten fassen lässt.

Grundverständnis musiktherapeutischer Arbeit im Verein

GRAMMOPHON – Mobile Musiktherapie e.V. hat sich in seiner Arbeit einem Konzept verschrieben, welches im Wesentlichen auf humanistischen Grundgedanken sowie einem bewussten Verständnis von Gemeinschaft basiert.

Eine humanistische, übersetzt „menschliche“ Einstellung zum Menschen birgt in sich die Vorstellung, das Individuum in seinem ganzen Wesen – seinem Körper, seiner Psyche und seinem Verhältnis zur Umwelt – also als bio-psycho-soziale Einheit zu betrachten. Diese drei Ebenen interagieren miteinander und hängen stets voneinander ab. Als weiterer humanistischer Grundgedanke gilt, den Menschen in seinen Fähigkeiten und Kompetenzen zu betrachten. Dieses Verständnis steht dem häufig in der westlichen Medizin verfolgten Defizitmodell entgegen, in der nicht danach gefragt wird, was man kann, sondern was man nicht kann. Damit steht in der humanistisch orientierten (Musik-)Therapie das Anknüpfen an bereits vorhandene Ressourcen im Mittelpunkt mit dem Gedanken, dass ein Mensch in der Lage ist sich (mit äußerer Unterstützung) selbst zu regulieren.

Als soziales Wesen steht der Mensch stets in Verbindung zu seiner Umwelt, damit auch zu anderen Menschen. Durch individuelle Beeinträchtigungen verschiedenster Art verändert sich nicht nur der von ihnen direkt Betroffene, sondern auch die Menschen um den Betroffenen herum. Gemeinde- und damit gemeinschaftsnahe Arbeit, die in der Musiktherapie ihren Ursprung als „Community Music Therapy“ in England hat, zielt darauf ab, Lebensräume zu schaffen, in denen Menschen zueinander finden, miteinander erleben und gestalten. In der Musiktherapie findet dies über gemeinsame Erfahrungen mit Musik statt. Der Therapieraum erweitert sich von seinen vier Wänden über beispielsweise eine Station bis hin zur gesamten Einrichtung, von der eigenen Wohnung hin zu einem anderen Treffpunkt für gemeinsames Erleben und Begegnen mit seinesgleichen und anderen.

Diese Begegnung kann stattfinden durch aktives gemeinsames Musizieren, Bewegen, Gestalten sowie durch Musikhören. Musikalische Vorkenntnisse sind hierfür unwesentlich und nicht notwendig. Aufgrund der Methodenvielfalt kann sich eine musiktherapeutische Begegnung vielfältig gestalten und hängt davon ab, mit welcher Klientel sie durchgeführt wird. Abhängig von den Anliegen des jeweiligen Menschen ist in der Musiktherapie Raum für tiefergehende Gespräche über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Musiktherapie erweist sich unter anderem als hilfreich für:

  • Menschen mit psychischen und psychiatrischen Erkrankungen (z.B. in der Kinder-, Jugend- und Erwachsenenpsychiatrie; Psychosomatik)
  • Menschen mit schweren bzw. nicht heilbaren Erkrankungen wie Krebs, AIDS (z.B. in der Onkologie, auf der Palliativstation)
  • Menschen mit neurologischen Erkrankungen wie Epilepsie oder nach Unfällen (z.B. in Neurologischen Zentren)
  • Menschen mit Suchterkrankungen (z.B. in Suchtkliniken)
  • Menschen mit körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen (z.B. in integrativen Kindergärten, Förderschulen, Werkstätten und Wohnheimen für Behinderte)
  • Frühgeborene und ihre Mütter/Eltern (z.B. auf Frühgeborenenstationen)
  • Menschen im höheren Lebensalter, v. a. mit gerontopsychiatrischen Erkrankungen wie Demenz (z.B. in der Gerontopsychiatrie, ambulant, in Pflegeheimen)
  • Prävenion bei Kindern, die von Behinderung bedroht sind (z.B. in Kindergärten)

Qualifikation

Die Qualifikation zur Musiktherapeutin kann auf unterschiedlichen Wegen erworben werden. Da die Berufsbezeichnung „MusiktherapeutIn“ nicht geschützt ist, kann sie zunächst von jedem angenommen werden, unabhängig von dessen Vorbildung.

Um einen Qualitätsstandard für Musiktherapie zu schaffen, wurden in der Bundesarbeitsgemeinschaft Musiktherapie (BAG Musiktherapie) folgende nach umfassender Ausbildung zu vergebende Qualifikationen als professionell und damit qualitativ hochwertig akzeptiert:

  • Diplom-MusiktherapeutIn (FH) (8 Semester Studium an einer Fachhochschule)
  • Diplom-MusiktherapeutIn (berufsbegleitendes Aufbaustudium an einer Universität; mind. 3 Jahre)
  • Bachelor MusiktherapeutIn (mind. 6 Semester Studium)
  • Master of Art (MA)/ Master of Sience (MSc) MusiktherapeutIn (mind. Bachelor-Abschluss plus 2 bis 6 Semester Studium)
  • mind. Bachelor-Abschluss eines anderen Berufes plus eine privatrechtliche Ausbildung der Ständigen Ausbildungsleiterkonferenz Musiktherapie (SAMT) wie Orff-Musiktherapie (OMT), Crossen, FMZ, Anthroposophische Musiktherapie, Institut für Musiktherapie Berlin, GIM IMIT-Institut und Integrative Musiktherapie (Fritz Perls Institut)

Sämtliche musiktherapeutisch professionell tätigen Mitglieder des Vereins GRAMMOPHON – Mobile  Musiktherapie e.V. können eine entsprechende Qualifikation vorweisen.

Literaturempfehlungen:

Decker-Voigt, H.-H. (Hrsg.) (2001): Schulen der Musiktherapie; Reinhardt, München

Decker-Voigt, H.-H. (2000): Aus der Seele gespielt. Einführung in die Musiktherapie; Wilhelm Goldmann Verlag, München

Decker-Voigt, H.-H., Knill, P.J., Weymann, E. (Hrsg.) (1996): Lexikon Musiktherapie; Hogrefe-Verlag, Göttingen

Strobel, W., Huppmann, G. (1997): Musiktherapie. Grundlagen, Formen,
Möglichkeiten;
Hogrefe-Verlag, Göttingen